Neue Qualitäten im Mitarbeitergespräch

Das Jahr geht zur Neige und gewöhnlich finden am Anfang eines neuen Jahres Mitarbeitergespräche statt. Das ist mittlerweile gelebtes Ritual in den meisten Praxen. Manch ein(e) PraxisinhaberIn stellt sich ungeschickt an, manch ZFA empfindet ein solches ‚künstlich erzwungenes‘ Gespräch als unangenehm oder gar sinnlos. Dabei ist es aber eine Chance für beide Seiten und das wollen wir im Nachfolgenden ein wenig unter die Lupe nehmen.

Wann sind Mitarbeitergespräche kontraproduktiv?

  • Wenn es bei Mitarbeitergesprächen nur um Gehalts- oder Prämienzahlungen geht, verbaut man sich eine offene Atmosphäre und verhindert den Austausch über Ziele und Entwicklungsperspektiven. Nicht selten ist ein Interessenskonflikt vorprogrammiert.
  • Es gibt eine Reihe von Leistungen, die sich gar nicht messen lassen und werden die nicht berücksichtigt, gehen gute Verhaltensweisen bei der Beurteilung unter. Gibt es eine ZFA, die bspw. über hohe empathische Fähigkeiten verfügt, auf Patienten besonders einfühlsam eingehen und das Team-Klima befrieden kann, lässt sich das in Zahlen so gut wie gar nicht messen.
  • Wenn dieses Gespräch wirklich nur darauf abzielt, erbrachte Leistungen zu analysieren, zeigen sich zwei weitere Knackpunkte. Ersten, nicht jede Leistung kann einer konkreten Person zugeordnet werden und zweitens, manch ein(e) PraxisinhaberIn kann bspw. in Großpraxen gar nicht mehr  erfassen, was alles zum Leistungsspektrum gehört.
  • Beurteilt ein(e) ChefIn unter Einwirkung von Klischees (bspw. eine ZFA ist großflächig tätowiert) ihre Angestellte oder ist sie zu weit weg vom Praxisalltag in den kleinen Dingen, kann das durchaus das faire Urteilsvermögen trüben. Deutlich würde das werden, wenn sich zu der zu bewertenden Person verschiedene Menschen äußern würden. Außerdem kennen wir alle den Ähnlichkeitseffekt. Die Menschen, die uns in Bezug auf Interessen, Hobbys oder Charaktereigenschaften ähnlich sind, haben oftmals einen Sympathiebonus.
  • Ganz tückisch ist der Überstrahlungseffekt. Ein Mensch glänzt mit einer hervorragenden Leistung/Eigenschaft, was in uns die Denke auslöst, er müsse an anderer Stelle ebenso brillant sein. Freundlichkeit suggeriert durchaus Fachkompetenz und dass besonders attraktive Menschen regelmäßig positiver beurteilt werden, ist auch bekannt.
  • Ja und dann gibt es noch eine Erinnerungs-Falle. Nämlich die, dass uns fast immer die letzte bedeutsame Wahrnehmung am stärksten im Gedächtnis bleibt. Sprich, eine ZFA hat das gesamte Jahr komplett engagiert durchgezogen, aber in den letzten Monaten schwächelte sie aus privaten Gründen. Das kann ebenso zu einer Wahrnehmungsverzerrung und Fehleinschätzung führen.

Was macht Mitarbeitergespräche zu einem kommunikativen Miteinander?

  • Dass das Teamklima in einer Praxis gut ist, spiegelt sich nicht zuletzt in einer offenen, ehrlichen und fairen Gesprächskultur wider. Also wenn beide Seiten mit der Vorstellung, damit einen Gewinn zu erzielen, in ein solches Gespräch gehen, kann es konstruktiv und durchaus locker zu-, wie motivierend ausgehen.
  • Zunächst braucht es das gleiche Verständnis, dass es in einem solchen Gespräch um eine Retrospektive (Rückblick), um ein Feedback und über eine Zukunftsgestaltung geht. Und das bitteschön beidseitig.
  • Als Methode dafür hat sich die klassische Feedback-RegelWWW“ bewährt. Man startet mit einer sachlichen Beschreibung seiner Wahrnehmung. Erklärt, wie das Wahrgenommene auf einen persönlich gewirkt hat (Wirkung) und äußert am Ende seinen Wunsch (ändern oder beim positiven Feedback gern auch beibehalten. Sich gegenseitig Feedback geben, braucht allerdings das beidseitige Einverständnis und am Ende muss auf Rechtfertigungen bzw. Entschuldigungen verzichtet werden. Jeder darf das Gehörte mitnehmen und für sich selbst entscheiden, was er sich davon annimmt, was er ändern will und was ihm abgeht. Wichtig ist, dass man zumindest bei den ersten 2 „W“ nur in der Ich-Form formuliert und sich der Feedback-Empfänger am Ende bedankt.
  • Also warum nicht selbst als ZFA um solches Gespräch bitten? Manchmal geht es ja auch um fachliche Dinge und Hinweise zur persönlichen Weiterentwicklung. Da wäre es schade, wenn diese gesammelt und dann nur einmal im Jahr angesprochen werden.
  • Für beide Seiten gilt, dass man sich sehr gut vorbereiten sollte. Mal so zwischen Tür und Angel wirkt wenig wertschätzend. Eine ruhige Umgebung, also kein klingelndes Telefon oder Patientenrufe sind unabdingbar.

Fazit

Werden Mitarbeitergespräche weniger als Rückblick, sondern vielmehr als Chance für Verbesserungen deklariert, fördert das wiederum einen vertrauensvollen und offenen Umgang in der Praxis. Allerdings müssen sich beide Seiten sicher sein, dass ihnen offene Kritik nicht negativ angelastet wird.

Es sollte mehrmals im Jahr miteinander gesprochen werden. Verschiedene Gelegenheiten bieten sich garantiert, wie bspw. nach einem überdurchschnittlichen Einsatz, nach Weiterbildungen oder nach einer Vertretung im Krankheitsfall. Wichtig ist, dass solche Gespräche immer nur unter vier Augen stattfinden dürfen.

Mit zunehmenden Maße verschwimmen in der Gesellschaft hierarchische Grenzen. Menschen, die miteinander arbeiten, sollten sich unabhängig vom Qualifizierungsstatus reflektieren dürfen. Also fordert Mitarbeitergespräche oder besser gesagt, Entwicklungsgespräche eigenständig ein. Und dann wählt einen Ton, der den Austausch zur ‚guten Musik‘ macht.                                                                      Viel Erfolg!

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